21. Februar 2013
Ein Frankfurter, Alois Alzheimer, entdeckte vor über 100 Jahren im Rahmen seiner Tätigkeit an der Nervenheilanstalt der Stadt das nach ihm benannte Leiden. Die Institution war damals im Stadtteil Westend angesiedelt. Die Patientin, an der der Arzt die Krankheit erstmals beobachtete, kam von der anderen, der südlichen Seite des Mains, aus Sachsenhausen. Die neuen Büros von sentix liegen ziemlich genau in der Mitte, unweit des nördlichen Mainufers. Und mit Vergesslichkeit, die uns hin und wieder auch an Alzheimer denken lässt, haben wir es beinahe täglich zu tun.
Beispiel vorgestern: Die ZEW-Konjunkturerwartungen steigen um rund 17 auf über 48 Punkte. Überraschte Gesichter allerorten! Die knapp vierzig (!) von Bloomberg und Reuters befragten Analysten hatten im Median nur mit einem Anstieg auf 35 Punkte gerechnet. Hui! Der Dax macht einen Satz. Die klickgesteuerten Online-Medien überschlagen sich mit ihrer Berichterstattung. „Sagenhaft" wird ein Händler zitiert – wahrscheinlich stand er wieder per Zufall vor der DAX-Tafel im großen Saal des Frankfurter Börsenmuseums. Sei's drum.
Jedenfalls hat der sentix-Konjunkturindex diesen Anstieg angezeigt, wie auch schon die Anstiege zuvor (s Grafik untenstehend). Seit November 2011, als Mario Draghi die EZB-Präsidentschaft übernahm, hat der sentix-Index in 100% der Fälle und mit einem Monat Vorlauf (!) die Bewegungsrichtung des ZEW-Index vorweggenommen (s. Tabelle unten). Um genauer zu sein: Es sind die sentix-Konjunkturerwartungen der Institutionellen für Deutschland, die hier als der entscheidende Indikator fungieren. Im letzten „Eco Report" zum sentix-Konjunkturindex, den wir regelmäßig anlässlich der Veröffentlichung des Index erstellen, hatten wir deshalb bereits Anfang Februar auf eine entsprechende "Überraschung" im ZEW-Index (sentix Prognose: 45 Punkte!) hingewiesen. Dass dieser Teilindex aus der Familie der sentix-Konjunkturindizes ein solche statistische Vorlaufeigenschaft hat, haben wir schon im letzten September mit einer Ausarbeitung belegt (sentix-Konjunkturindex: More than a first mover). Schon vergessen?
Journalisten vergessen, Analysten vergessen – und manchmal paart sich Vergesslichkeit noch mit Unglauben und Ignoranz. Viele halten lieber an Altem (und Bewährtem?) fest. Dieses Verhalten kann auch über die Disziplin der Behavioral Finance erklärt werden. Bezogen auf die Analysten lassen sich schell die „7 Sünden der Indikatorprognose" finden:
Dieser Exkurs lässt nachvollziehbar werden, warum die sentix-Konjunkturindizes noch immer ein Insidertipp sind. sentix - first mover advantage!
Aber erzählen Sie das nicht weiter! Es lohnt sich nicht. Die meisten haben es bis zur nächsten Prognoseschätzung eh wieder vergessen ... Apropos: Wer war nochmal der Frankfurter, der sich mit dem Vergessen beschäftigte? Egal, hab es schon wieder vergessen.
Erläuterung: SNTEDEH6 sind die sentix-Konjunkturerwartungen für Deutschland aller Umfrageteilnehmer („Headline"), SNTEDEI6 die Konjunkturerwartungen für Deutschland der Institutionellen, SNTEDEGX ist der konjunkturelle Gesamtindex für Deutschland, SNTEDEGX-Priv. ist der nur aus den Antworten der Privaten konstruierte konjunkturelle Gesamtindex für Deutschland (s. hierzu auch den Blogbeitrag: „Die bessere ifo-Prognose).